Geschichte der Kirche

Die Geschichte der Pfarrkirche

Im 18. Jahrhundert war durch das Anwachsen der Bevölkerung die Pfarrkirche in Herschwiesen zu klein geworden. Das kleine Gotteshaus konnte die zahlreichen Gläubigen bei den Messfeiern nicht mehr aufnehmen. Außerdem war sie in einem schlechten baulichen Zustand. Daher richteten Pastor Matthias Metzen (1710 – 1750) und die Kirchenschöffen im Jahre 1743 an den Trierer Kurfürsten die folgende Bitte, eine neue Kirche bauen zu dürfen:

„Hochwürdigster Erzbischof und Churfürst, gnädigster Herr, Herr! Die Pfarrei Herschwiesen hatte im Jahr 1657 nur 125 Kommunikanten, im Jahre 1680 deren 200 und ist bis jetzt auf 400 angewachsen. Daher ist unsere Kirche viel zu eng geworden, als dass darin alle Pfarrgenossen an Sonn- und Feiertagen dem Gottesdienst beiwohnen könnten. Mithin ist es nötig, dass eine neue Pfarrkirche gebaut wird. Euer Hochwürdigster Herr werden untertänigst gebeten, den vorgesehenen Kirchenneubau zu ratifizieren.

Untertänigster Pastor und Kirchenvorsteher zu Herschwiesen.“

Von der bischöflichen Behörde wurde jedoch zunächst geprüft, ob die Pfarrei den anvisierten Bau überhaupt verkraften konnte. Der Geistliche Commissar Carolus Metzen, Pfarrer in Dieblich, wurde beauftragt, die Verhältnisse in Herschwiesen in Augenschein zu nehmen. Der Dieblicher Pastor kam dieser Aufforderung umgehend nach und berichtete am 18. Juni 1743 nach Trier, dass die Kirche in Herschwiesen tatsächlich in einem schlechten Zustand sei und nicht mehr dauerhaft repariert werden könne. Außerdem sei sie für 400 Kommunikanten viel zu klein. Da nichts dem geplanten Kirchenbau im Wege stünde, könnte dem Begehren der Pfarrei Herschwiesen entsprochen werden.

Aber trotz dieser positiven Stellungnahme war man in Trier noch nicht zufrieden und forderte einen Bauplan mit Kostenermittlung sowie die Offenlegung der finanziellen Verhältnisse in der Pfarrei an. Dabei wurde ein Kostenplan eines nicht namentlich genannten Koblenzer Baumeisters vorgelegt, in dem die Baukosten mit 2.326 Talern ermittelt wurden. Die tatsächlichen Aufwendungen beliefen sich später jedoch auf 8.162 Taler, und das ohne die Inneneinrichtung. Bei dieser enormen Differenz ist zu vermuten, dass diese Kostenberechnung bewusst „gedrückt“ wurde, um die Zustimmung aus Trier zu bekommen. Als auch die Überprüfung der Vermögenssituation zur Zufriedenheit der Trierer Behörde ausgefallen war, erteilte Kurfürst Franz Georg von Schönborn am 10. Juni 1744 höchstpersönlich mit seiner eigenen Unterschrift dem Neubau der Pfarrkirche in Herschwiesen seine Genehmigung.

Die Planung und Bauausführung der neuen Kirche wurde dem Bopparder Baumeister Johannes Neurohr übertragen. Dieser stammte aus Tirol, und seine Herkunft schlug sich in dem Baustil der Herschwiesener Kirche deutlich nieder. Man findet in ihr unverkennbare Ähnlichkeiten mit Tiroler und auch bayrischen Barockkirchen. Meister Neurohr hatte bis dahin bereits mehrere Kirchen in der Umgebung gebaut, so die Kirchen in Morshausen, Bickenbach und Beulich.

Bevor mit dem Bau in Herschwiesen begonnen werden konnte, musste mit Peter Halfen ein Grundstückstausch vorgenommen werden. Dessen Wohnhaus stand so nahe an der alten Kirche, dass es für den Neubau hinderlich war. Halfen erhielt ein kircheigenes Grundstück von 4 Ruten, außerdem wurden ihm für den Neubau eines Hauses 46 Taler ausbezahlt. Dann musste die alte Kirche abgerissen werden. Die noch brauchbaren Bruchsteine wurden für den Neubau zur Seite gelegt. Im Frühjahr 1745 ging dann die Bautätigkeit auf dem Kirchhof in Herschwiesen los. Meister Neurohr leistete mit seiner Baukolonne zügige Arbeit, denn schon im Januar 1746 stand die Kirche im Rohbau und der Werkmeister Johannes Kindt aus Ehrenbreitstein nahm eine Überprüfung und Vermessung vor. Ein ordentliches Richtfest wurde gefeiert und die Freude in der ganzen Pfarrei war groß.

Im Sommer 1747 wurde der Kirchenbau fertiggestellt. Pfarrer Matthias Metzen hat uns eine detaillierte Baurechnung hinterlassen, in der insgesamt 78 Ausgabeposten aufgeführt sind. Die „dicken Brocken“ von mehr als 1.000 Taler sind darin ebenso enthalten wie die Kleinstbeträge von 12 oder 16 Albus. Die wichtigsten Gewerke wurden von folgenden Handwerkern vorgenommen:

  1. Maurer- und Malerarbeiten: Johannes Neurohr, Boppard,   1.773 Taler;
  2. Zimmerarbeiten: Jacob Höffer, Boppard,                                449
  3. Dacheindeckung: Johannes Brück, Koblenz,                           179
  4. Lieferung der Layensteine: Michael Schneider, Alken,           311
  5. Schlosserarbeiten: Johannes Gerthum, Boppard,                 1.129
  6. Steinmetzarbeiten: Anton Kopf, Mayen,                                 488

(u.a. die Säulen unter der Empore);

  1. Einbau der Kirchenfenster: Gervas Machhaus, Boppard,       233
  2. Nagelschmied: Johannes Scholl, Ehrenbreitstein,                   302
  3. Bau der Kanzel: Michael Ley, Koblenz,                                   70.

Es würde hier zu weit führen, alle Einzelposten der Kostenaufstellung zu nennen. Sie endet mit der interessanten Schlussbemerkung des Pastors:

„Der Pastor Metzen berechnet für all seine gehabte Mühewaltung:

Taler = 0, Albus = 0, Pfennig = 0.“

Die Bruchsteine für das Mauerwerk wurden in der Steinkaul der Gemeinde Herschwiesen gebrochen und von den Mitgliedern der Pfarrei zur Baustelle gefahren. Für das Kirchengewölbe mussten 35.000 Tuffsteine aus Plaidt bezogen werden. Das Tannenholz für den Dachstuhl wurde in Mainz gekauft, per Schiff den Rhein abwärts bis Boppard gebracht und von dort mit einheimischen Fuhrwerken nach Herschwiesen transportiert. Die Lieferung aus Mainz bestätigt die Tatsache, dass unsere heimischen Wälder damals noch reine Laubwälder waren. Die Menge des verwendeten Eichenholzes war gering, es wurde den kurfürstlichen Waldungen im „Daubesberg“ entnommen.

Wie hat nun die Pfarrei die enormen Kosten in Höhe von 8.162 Talern, 28 Albus und 2 Pfennig aufgebracht? Es wurde schon dargelegt, dass die Pfarrgemeinde Herschwiesen damals durch Schenkungen und Vermächtnisse finanziell relativ gut gestellt war. Da aber das Kapital längerfristig an zahlreiche Schuldner ausgeliehen war, musste die Kirchengemeinde nun selbst Darlehen aufnehmen. Von mehreren „gutbetuchten Leuten“ aus Koblenz und Dieblich wurden größere Beträge ausgeliehen und auch Pfarrer Metzen selbst steuerte aus seinem Privatvermögen eine in der Höhe nicht genannte Summe zu dem Kirchenbau bei, sodass die Finanzierung sichergestellt werden konnte.

In zweieinhalb Jahren haben die Bauhandwerker eine Kirche hingestellt, wie sie auf dem vorderen Hunsrück nicht zu finden ist. Nun musste noch die Einweihung vorgenommen werden. Daher richteten Pfarrer Metzen und die Schöffen eine Bitte an den Kurfürsten, dem neuen Gotteshaus den Segen zu geben. Kirchenschöffen waren damals: Simon Jacob Cloßmann und Johannes Kneip von Buchholz, Johannes Esch und Johannes Kneip von Oppenhausen, Simon Jacob Wagner von Udenhausen, und Johannes Becker von Windhausen. Letzterer war der Vater von Peter Becker, des Begründers der Wallfahrt zur Schwarzen Muttergottes.

Mit der Benediktion (Einsegnung) der neuen Pfarrkirche wurde von Bischof Franz Georg von Schönborn der geistliche Offiziliats-Assessor Matthias Dormann beauftragt. Dieser Matthias Dormann war am 4. September 1700 in Koblenz geboren. Er studierte in Trier und Rom und bekleidete in der Folge eine ganze Reihe von wichtigen geistlichen Ämtern. Er war Doktor der Theologie, Apostolischer Protonotar, Kanoniker an den Stiften zu Karden, und Münstermaifeld, Assessor am Offiziliat in Koblenz, Pfarrer in Koblenz-Liebfrauen sowie Geistlicher Rat unter den Erzbischöfen Franz Ludwig (1716 – 1729), Franz Georg (1729 – 1756) und Johann Philipp (1756 – 1768). Matthias Dormann starb am 4. September 1763, also auf den Tag genau 63 Jahre alt und wurde in der Stiftskirche zu Karden beigesetzt.

Nähere Überlieferungen zu den Einweihungsfeierlichkeiten sind leider nicht erhalten. Man darf jedoch annehmen, dass es ein erhebender Feiertag für die Pfarrei war, als der Geistliche Rat Matthias Dormann am 26. September 1747 die neue Pfarrkirche einsegnete und unter die Schirmherrschaft des hl. Pankratius stellte.

Nun konnte der Gottesdienst wieder in der gewohnten Weise in Herschwiesen gehalten werden. Noch fehlte aber die vollständige Inneneinrichtung der Kirche. Man hatte zunächst die beiden Altäre aus der alten Kirche aufgestellt, die aber nur eine Übergangslösung darstellten, denn sie füllten den neuen, weitaus größeren Kirchenraum nicht mehr aus. Nach Plänen von Johannes Neurohr baute dann Anfang der 1750er Jahre der Schreinermeister Johann Michael Leyen in Koblenz den Hochaltar, die zwei Seitenaltäre, eine Kommunionbank und eine Kanzel. Meister Leyen stellte dafür rund 800 Taler in Rechnung. Die Malerarbeiten an der Inneneinrichtung wurden von Johannes Becker aus Boppard vorgenommen.

Auch bei den Glocken behalf man sich zunächst mit einer Notlösung, indem die beiden Glocken aus der alten Kirche im Turm aufgehängt wurden. Im Jahre 1756 zersprang jedoch eine Glocke, sie wurde in der Gießerei Johann Dallberger in Ehrenbreitstein neu gegossen und am 14. September des gleichen Jahres von Pfarrer Peter Anton Housson geweiht. Bereits drei Jahre später, 1759, versagte auch die zweite alte Glocke ihren Dienst. Unter Verwendung des alten Materials und weiteren 73 Pfund „Glockenspeise“ wurden wiederum in Ehrenbreitstein zwei neue Glocken gegossen, sodass von da an ein dreistimmiges Geläut vom Turm der Pfarrkirche erklang.

Im Jahre 1783 beschlossen der Pfarrer und die Kirchenschöffen, zur Verschönerung der Gottesdienste in der Pfarrkirche eine Orgel einzubauen. Sie gaben dem Orgelbauer Johann Peter Senff in Koblenz den Auftrag und dieser baute das neue Instrument für 605 Gulden. Bis heute tut die Orgel ihren Dienst, sie musste jedoch im Laufe der Zeit mehrfach in Teilen erneuert werden. Im Jahre 2015 wurde sie von dem Orgelbauer Mayer vollständig überarbeitet.

Text: Werner Stoffel, Oppenhausen